Chucks : Roman

Travnicek, Cornelia, 2012
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Medienart Buch
ISBN 978-3-421-04526-3
Verfasser Travnicek, Cornelia Wikipedia
Systematik DJ - Jugend-/Brückenliteratur
Schlagworte Liebe, Tod, Aids, Punk
Verlag Dt. Verl.-Anst.
Ort München
Jahr 2012
Umfang 186 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Cornelia Travnicek
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Cornelia Gstöttinger;
Von Liebe und Tod, von Globuli gegen die Traurigkeit und dem Versuch, den geliebten Menschen zu bewahren. (DR)

Chucks zieren das Cover und sind das Bindeglied zwischen den drei Zeitebenen, die die in St. Pölten geborene Autorin scheinbar mühelos miteinander verschränkt. Nigelnagelneu brachten die roten Turnschuhe Farbe ins Krankenhauszimmer des krebskranken Bruders und werden nach dessen Tod zum ständigen Begleiter von Protagonistin Mae, die die einst von ihrem Bruder gesagten Worte "Indianer kennt keinen Schmerz" (S. 37) verinnerlicht zu haben scheint. Später, als Mae mit den Punks auf der Straße lebt, zeigen sie erste Verschleißerscheinungen - die Sohle ist dünn geworden, löst sich - und sind wohl Sinnbild für Maes versehrtes Inneres.
Rebellisch, aggressiv und beinhart zu ihrem Gegenüber ist dieses Mädchen, dessen Heranwachsen hier mittels Rückblenden erzählt wird, das sich der Schule und Gesellschaft verweigert, sich gegen die Gutbürgerlichkeit auflehnt, die zwar Sicherheit ausstrahlt, aber letztlich nicht vor Tod und Verlust schützen kann. Und dann, als Mae eine Strafe wegen Körperverletzung im Aids-Hilfe-Haus abarbeiten muss, fällt ihr Paul buchstäblich vor die Füße. Paul, groß, sensibel, mit dem besonderen Händedruck, Paul, der weiß, dass er in naher Zukunft sterben muss, denn da ist eine Krankheit dabei, von ihm Besitz zu ergreifen: Er hat Aids. Und wieder wird Mae mit Krankheit und Tod konfrontiert.
Frech, rau, voller böser Ironie und dann wieder ungemein zärtlich schildert Cornelia Travnicek die Geschichte einer Rebellion und einer Liebe, die traurig enden muss. Ein Roman, der stark beginnt und die Erwartungen nicht enttäuscht. Junge österreichische Literatur, allen Büchereien zu empfehlen, besonders auch für junge Erwachsene!

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Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen (http://www.provinz.bz.it/kulturabteilung/bibliotheken/320.asp);
Autor: Margot Schwienbacher;
Cornelia Travnicek ist laut Eigendiagnose "krankhaft süchtig nach dem geschriebenen Wort". Um Sucht geht es auch in ihrem Roman "Chucks", aber längst nicht nur. Maeva, kurz Mae, hat ihre Familie verloren. Der Tod ihres Bruders Sebastian hat alles zerstört. Der Vater ist gegangen, dann auch Mae. Angetan mit den Schuhen ihres Bruders, leuchtend roten Chucks, begibt sie sich auf die Straße, um mit Punks abzuhängen. Mit Tamara bespricht sich eine breite Vielfalt von Themen - von Metaphysik bis Quantenphysik - während sie Passanten in der Wiener Innenstadt um Geld anschnorren. Tamara setzt sich den beinah-goldenen Schuss, während Mae wegen Körperverletzung verurteilt wird. Im Aids-Hilfe-Haus muss sie die Strafe abarbeiten und lässt ihre Frustration an Jakob, ihrem Freund, aus. Doch dann lernt sie den HIV-kranken Paul kennen und zieht überraschend bei ihm ein. Maes Leben verändert sich, sie findet wieder Kontakt zu ihrer Mutter, erlebt Momente des Glücks, bis Paul zum letzten Mal ins Krankenhaus muss. - Cornelia Travnicek serviert uns diese Geschichte nicht linear, sondern häppchenweise: Jemand wie Mae würde auf diese Weise mit der Wahrheit rausrücken. Ein bisschen wie im Verhör, ein bisschen wie mit einer Zigarette geködert. So rekonstruiert sie in knapper Sprache nicht nur ihre Liebesgeschichte mit Paul für uns, sondern auch ihre Vergangenheit. Beides liest man fasziniert.

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Quelle: Literatur und Kritik;
Autor: Rainer Moritz;
Träume ohne Statik
Cornelia Travniceks Roman "Chucks"
Da mögen die Untergangsszenarien, die für den Buchhandel im deutschsprachigen Raum an die Wand geworfen werden, noch so düster sein, und da mögen die Absatzzahlen für belletristische Titel immer häufiger unter die Wahrnehmungsgrenze sinken: Die Neugier auf Erstlingsromane bleibt ungebrochen, angekurbelt durch die Sehnsucht der Verlage, auf die auflagenstarken Debütanten der letzten Jahre - von Benjamin Lebert bis Helene Hegemann - nicht minder erfolgreiche unverbrauchte Gesichter folgen zu lassen. Die 1987 in St. Pölten geborene Cornelia Travnicek bringt vieles mit, um in diese Fußstapfen zu treten. Sie blickt auf ein Studium der Sinologie und Informatik zurück, tummelt sich an vielen Orten des Literaturbetriebs und betreibt - Autoren leben selten nur von ihren Tantiemen - seit kurzen einem Bubble-Tea-Laden in Krems. Und mit "Chucks" legt sie nun einen Debütroman vor, der große Eigenständigkeit aufweist - thematisch wie stilistisch.
Auf den ersten Blick scheint es so, als erzählte Travnicek von den Dingen, die fast alle jungen Autoren in ihrem überschaubaren Repertoire haben: vom mühsamen Heranwachsen, von Familienkonflikten, erster großen Liebe und ersten gravierenden Verlusten. Doch Cornelia Travnicek versteht es, die Stereotypen dieser Standardthemen auszusparen, und das gelingt ihr vor allem, weil ihre Hauptfigur - die in Wien lebende Mae Reimel - als ein eigenständiger, weitgehend klischeebefreiter Charakter präsentiert wird. Eingebunden in ein klug komponiertes Erzählgerüst, das, angezeigt durch den Wechsel von Präsens und Präte­ritum, unaufdringlich zwischen Vergangenheit und Gegenwart pendelt, entfaltet sich Maes manchmal glückliche und oft traurige Geschichte: der Tod des kranken Bruders, die Trennung der Eltern, das Zusammenleben mit jungen Obdachlosen und schließlich die Beziehungen zu zwei Männern, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
An den Füßen trägt Mae, während sie durch Wien zieht oder eine Reise nach Amsterdam unternimmt, die roten Chucks ihres gestorbenen Bruders - als Symbol einer Suche nach Beständigkeit und eines Bemühens, im Leben irgendwie Tritt zu fassen. Ob Maes Wege sie an die Seite des Junkies Tamara, des farblosen Architekten Jakob, der keinen Alkohol trinkt, weil das ungesund ist und "nichts bringt", oder - als Bewährungsstrafe - in eine Aids-Hilfe-Station führen, allenthalben sucht Mae auf ganz altmodische Weise nach dem Sinn dessen, was sie erlebt. Eklektizistisch sammelt sie Theorien und Anschauungen, liest Ingeborg Bachmann und Max Frisch und weiß vor allem, was sie nicht will: leben wie ihre Mutter zum Beispiel oder wie Jakob, der so durchorganisiert auftritt, dass selbst seine "Träume Statik besitzen".
Eine neue Dimension erlangt Maes Leben, als sie auf den aidskranken Fotografen Paul trifft. Ohne Zögern sieht sie in ihm ihre große Liebe, wohl wissend, dass sein Sterben nicht aufzuhalten ist. Mit gutem Gespür, den Fallen der Sentimentalität auszuweichen, schildert Cornelia Travnicek das Zusammenleben eines Paares, das so gern ungetrübtes Glück genießen würde und sich nur auf den Tod vorbereiten kann. Je näher dieser Paul rückt, desto verzweifelter will Mae Überbleibsel des Geliebten - Spermareste oder Haarbüschel - aufbewahren, in dreizehn Tupperschüsseln.
"Chucks" ist kein Buch ohne Fehl und Tadel. Obgleich es dankenswerterweise darauf verzichtet, mit einem betont jugendlichen Jargon aufzutrumpfen, klappert es in Maes Metaphernhaushalt mitunter. Wenn von einer "Angst" die Rede ist, die einem "das Innere einen Wimpernschlag lang schockgefriert" oder wenn in einer Weihnachtsszene, als Maes Mutter, die an die Rückkehr ihrer Tochter ins bürgerliche Leben glauben möchten, mit Pauls Krankheit konfrontiert wird, der "letzte Sternspritzer erlischt", sitzen die üppig geratenen Bilder nicht am richtigen Ort. Und alle Kapitelüberschriften zwanghaft munter nach dem Muster "Von Bewährungshelfern und dem Geruch von Kuheutern" zu stricken sollte in den kommenden Romanen dieser ungemein talentierten Autorin besser ni 69b cht wiederholt werden. Solche neckischen Spielereien hat sie nicht nötig.

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