Wie ich zum besten Schlagzeuger der Welt wurde - und warum

Sonnenblick, Jordan, 2008
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Medienart Buch
ISBN 978-3-551-58177-8
Verfasser Sonnenblick, Jordan Wikipedia
Systematik DJ - Jugend-/Brückenliteratur
Schlagworte Krankheit, Hoffnung, Schlagzeug
Verlag Carlsen
Ort Reinbek
Jahr 2008
Umfang 205
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Jordan Sonnenblick. Aus dem Engl. von Gerda Bean
Annotation Quelle: Alliteratus (http://www.alliteratus.com/);
Autor: Jana Mikota;
Es gibt Bücher, die liest man, erfreut sich an ihnen, legt sie zur Seite und wendet sich anderen Dingen zu. Dann gibt es Bücher, die liest man, erfreut sich an ihnen, legt sie zur Seite und kann sie einfach nicht vergessen. Die Gedanken kreisen um jene Welt, die zwischen den Buchdeckeln entworfen wurde und man möchte am liebsten allen Menschen von diesen Büchern erzählen. Wie ich zum besten Schlagzeuger der Welt wurde - und warum von Jordan Sonnenblick ist genau ein solches Buch.
Im Mittelpunkt steht der 13-jährige Steven, der sich mit alltäglichen Problemen wie Schule, Mädchen und Freunde herumschlagen muss. Sein größtes Interesse ist das Schlagzeug. Sein jüngerer Bruder Jeffrey, der Steven vergöttert, nervt ihn täglich und auch seine Eltern haben wenig Verständnis für seine Wünsche oder Probleme. Sein Leben verläuft scheinbar völlig normal. Doch am 7. Oktober verändert sich nicht nur sein Leben schlagartig, sondern das seiner ganzen Familie. Als Steven seinem Bruder den geliebten "Naferbrei" zum Frühstück machen möchte, fällt Jeffrey vom Stuhl und verletzt sich. Die Blutungen hören gar nicht auf, die Mutter fährt in die Notaufnahme und Steven wird mit seiner Angst und seinen Gewissensbissen in die Schule geschickt. Erst abends wird er mit der Wahrheit konfrontiert: Sein Bruder hat Leukämie, muss in das weiter entfernte Krankenhaus nach Philadelphia. Die Mutter wird ihn begleiten, zurück bleiben Vater und Sohn sowie Schweigen und Einsamkeit.
Nachdem meine Mutter und Jeffy losgefahren waren, schlichen mein Vater und ich durchs Haus und machten uns fertig, um den Tag, aber nicht uns, ins Gesicht zu sehen.
Bereits in den ersten Kapiteln zeigt sich, wie großartig Sonnenblick erzählen kann. Es wird konsequent aus der Sicht von Steven erzählt. Der Leser erlebt seine Stimmungen, seine Einsamkeit, sein Schweigen seinen Freunden gegenüber, zugleich der Wunsch, von seiner Mutter etwas zu hören und seine Hoffnungen auf eine Fehldiagnose. Nur das Schreiben hilft ihm, seine Ängste zu formulieren, und das Schlagzeugspielen, um sich abzulenken.
Sein Vater, der mit der Krankheit von Jeffrey überfordert ist, hört fast auf, den älteren Sohn wahrzunehmen. "Nach ungefähr einer Minute murmelten wir gleichzeitig: Also okay ' Das würde das tiefschürfendste Gespräch der ganzen Woche zwischen uns sein", kommentiert Steven diese Situation.
Steven, der in der Zeit, in der seine Mutter und sein Bruder im Krankenhaus nichts erfährt, glaubt, dass alles ein Irrtum sei und beide das Leben in Philadelphia genießen. Umso größer der Schock als sie zurückkehren und Steven erneut mit der harten Wahrheit konfrontiert wird. Er möchte seine Eltern beschimpfen, doch erkennt er ihre Machtlosigkeit.
In Schule verweigert er sich den Hausaufgaben, spielt weiterhin den alten' Steven und vertraut sich keinem an - auch nicht seiner besten Freundin Annette, die ihn mit Fragen nervt. Das Schlagzeugspielen, seine größte Leidenschaft, hilft ihm und so wird er zwar immer besser, aber die schulischen Leistungen lassen nach. Er wird schließlich zur Schulpsychologin gerufen und muss erkennen, dass jemand in der Schule sein Geheimnis kannte und es auch ausplauderte. Ab da ändert sich sein schulisches Leben.
Ich musste jetzt also wirklich glauben, dass Jeffrey Krebs hatte, ob ich wollte oder nicht, aber mein Verstand spielte mir einen neuen Streich. Ich bildete mir ein, dass der liebe Gott meinen Bruder auf wundersame Weise heilen würde, wenn ich ihm nur die richtigen Versprechungen machte. Und es fiel mir ununterbrochen, Tag und Nacht, irgendwas ein. Es war wirklich eine harte Zeit!
Nach und nach lernen die Familienmitglieder mit der Krankheit umzugehen. Steven unterstützt seinen kleinen Bruder, spielt mit ihm und wird zu seinem Helden: Als Jeffrey die Haare ausfallen, er in der Vorschule darauf angesprochen wird, rasiert sich Steven ebenfalls die Haare, um Jeffrey Halt zu geben; oder als Steven Renee Albert, das Mädchen also, in das er seit der dritten Klasse verliebt ist, nach Hause schicken muss, da sie erkältet vor seiner Haustür steht und seinen Bruder anstecken und damit gefährden könnte. Von solchen mitunter großen, mitunter kleinen Momenten lebt das Buch.
Es ist die Beziehung zweier Brüder, die sich aufeinander verlassen können und die sich lieben. Jeffrey ist ein kluges Kind, der mit seinen Analysen seinen Bruder mitunter in den Wahnsinn treibt. Die Dialoge zwischen beiden strotzen mitunter voller Komik, zugleich kommen sie der Machtlosigkeit der Figuren so nahe. Der Autor zeigt auch, wie die Krankheit das Umfeld verändert. Menschen wissen nicht mehr, wie sie sich verhalten sollen und Steven avanciert plötzlich zu einem Star der Highschool.
Noch ein Wort zu den Erwachsenen: Sie sind machtlos. Besonders deutlich bemerkt Steven dies an seinem Vater. Er schweigt, überlässt der Mutter die meiste Arbeit und als er merkt, dass er mit seiner Arbeit dennoch die Arztrechnungen nicht bezahlen kann, bricht er fast zusammen. Die Familienrollen, die bis zum 7. Oktober fest umrissen waren, wanken immer mehr.
Interessant ist jedoch nicht nur das, was Sonnenblick in seinem Roman erzählt, sondern auch wie er das Erzählte präsentiert. Steven erzählt die Geschichte mit einem Abstand von etwa einem Jahr. Der Roman beginnt genau da, wo er auch aufhört: Bei der Schulfeier und der Auszeichnung besonderer Schüler und Schülerinnen. Sonnenblick ist ein wirklich eindrucksvolles Debut gelungen.
Trotz des ernsten Themas muss man zwischendurch lachen. Jordan Sonnenblick schreibt mitunter leicht, ohne jedoch die Thematik zu verharmlosen. Manche Episoden muss man mehrmals lesen, um die Kraft seiner Sprache überhaupt fassen zu können.
Wie ich zum besten Schlagzeuger der Welt wurde - und warum weckt, nimmt man Titel und Cover, gänzlich andere Erwartungen. Es ist kein einfacher Roman über Jugendliche und ihre Alltagskultur. Aber es ist ein Roman, der, dank der Nominierung zum Deutschen Jugendliteraturpreis, hoffentlich sehr viele Leser bekommt.
Besonders gefreut hat es mich, dass der Roman nicht von der (erwachsenen) Kritikerjury nominiert wurde, sondern von der Jugendjury. Erneut beweisen hier die Jugendlichen, dass sie ein Gespür für Literatur besitzen und sich auch nicht scheuen, über schwere' Themen zu lesen.
Insgesamt ist Wie ich zum besten Schlagzeuger der Welt wurde - und warum ein Roman, der mehr als lesenswert ist!!!

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